Vereinsrecht
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Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 03/2024:
Rechtsprechung und Gesetzgebung
- Zuschuss: BMF klärt umsatzsteuerliche Behandlung
- Verstoß gegen satzungsmäßige Vermögensbindung: Wie lange zurück kann Gemeinnützigkeit entzogen werden?
- Erbpacht: Gemeinde kann Verein übertragenes Grundstück bei Pflichtverletzung wieder wegnehmen
Vereinspraxis
- Gesetzgeber will Steuerbefreiungen für Bildung und Sport an EU-Recht anpassen
- Der Vorsteuerabzug bei Vereinen: Diese Basics sollten Sie kennen
- Die Mittelverwendungsrechnung im Verein: Anforderungen und Verfahren im Vergleich
- Die E-Rechnung im Verein: Das müssen Sie jetzt für den Stichtag 01.01.2025 veranlassen
Vereine fragen, Experten antworten
- Nichteingetragener Verein: Muss er für Eintragung ins Vereins-register neu gegründet werden?
- Fördermitglieder: Berechtigen ihre Beiträge zum Spendenabzug?
- Unwirksamer Ausschluss eines Mitglieds: Muss der Verein die Kosten erstatten?
Rechtsprechung und Gesetzgebung
Zuschuss: BMF klärt umsatzsteuerliche Behandlung
| Das BMF hat ein Schreiben (vom 11.06.2024, Az. II C 2 S 7200/19/10001 :028) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Zuschüssen herausgegeben, mit dem der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) geändert wird. In dem Schreiben geht es vor allem um die Abgrenzung zwischen einem Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber und einem nicht steuerbaren „echten“ Zuschuss. |
Verstoß gegen satzungsmäßige Vermögensbindung: Wie lange zurück kann Gemeinnützigkeit entzogen werden?
| Ein Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung einer gemeinnützigen Körperschaft kann zur rückwirkenden Versagung der Gemeinnützigkeit führen. Das hat das FG Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 25.10.2023 (Az. 3 K 483/17) entschieden. In der Revision, die der Verein beim BFH eingelegt hat, geht es jetzt darum, wie lange zurück die Gemeinnützigkeit entzogen werden kann. |
Die Frage im Musterprozess mit dem Az. V R 27/23 lautet entsprechend: Greifen auch bei geringfügigen Verstößen gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung des § 61 AO die vollumfassenden Sanktionen des § 61 Abs. 3 Halbs. 2 AO, sodass zwingend alle Bescheide von Anfang an bzw. der letzten zehn Kalenderjahre zu ändern sind, wenn von einer Geringfügigkeit dahingehend ausgegangen wird, dass der Satzungsfehler erkannt und die Beseitigung des Fehlers umgehend eingeleitet wurde und in der Zwischenzeit auch keine schädliche Mittelverwendung stattgefunden hat?
Erbpacht: Gemeinde kann Verein übertragenes Grundstück bei Pflichtverletzung wieder wegnehmen
| Eine Gemeinde als Grundstückseigentümerin kann mit einem gemeinnützigen Verein in einem Erbbaurechtsvertrag vereinbaren, dass der Verein keine „Heimfallvergütung“ bekommt, wenn er die Pflichten aus dem Vertrag nicht erfüllt und die Gemeinde deshalb das Erbbaurecht widerruft. Das hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem der Verein verpflichtet war, auf dem Grundstück innerhalb von vier Jahren den ersten Bauabschnitt einer Baußmaßnahme fertigzustellen. |
Im konkreten Fall hatte eine Gemeinde mit einem gemeinnützigen Verein einen Erbbaurechtsvertrag geschlossen. Dieser sah vor, dass der Verein auf dem Grundstück innerhalb von vier Jahren den ersten Bauabschnitt einer Moschee fertigstellen musste. Andernfalls war die Gemeinde berechtigt, die Rückübertragung des Erbbaurechts an sich zu fordern (Heimfallanspruch). Ein Vergütungsanspruch für den Verlust des Erbbaurechts i. S. v. § 32 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG war ausgeschlossen. Weil der Verein seinen Verpflichtungen nicht nachkam, machte die Gemeinde ihren Heimfallanspruch geltend. Der Verein klagte, die vertraglichen Regelungen zum Heimfallrecht seien unwirksam.
Der BGH hat die Klage abgewiesen. Eine Heimfallregelung, die mit einer Bebauungspflicht verknüpft ist, ist auch bei Verträgen zwischen Gemeinden und gemeinnützigen Vereinen zulässig. Der Vertragsinhalt war auch nicht unangemessen. Denn die Gemeinde konnte nur so sicherstellen, dass das Grundstück für öffentliche Zwecke genutzt wird und Bauruinen vermieden werden konnten (BGH, Urteil vom 19.01.2024, Az. V ZR 191/22).
Vereinspraxis
Gesetzgeber will Steuerbefreiungen für Bildung und Sport an EU-Recht anpassen
| Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (Referentenentwurf vom 27.03.2024) plant der Gesetzgeber wichtige umsatzsteuerliche Änderungen. Insbesondere soll die seit langem geforderte Erweiterung der Steuerbefreiung im Sport gesetzlich verankert werden. |
Überlassung von Sportanlagen
wird umsatzsteuerfrei
Bisher waren nach § 4 Nr. 22b UStG nur die Teilnahmegebühren für sportliche Veranstaltungen umsatzsteuerbefreit. Das entsprach nicht der weitergefassten Regelung im Gemeinschaftsrecht, Art. 132 Abs. 1m der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Die Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 10.12.2020, Rs. C-488/18 und BFH, Urteil vom 21.04.2022, Az. V R 48/20) hatte die eingeschränkte deutsche Regelung als EU-rechtskonform eingestuft. Vereine konnten sich also nicht auf das günstigere Gemeinschafsrecht berufen. Mit der Neufassung der Regelung im § 4 Nr. 22 UStG soll sich das ändern. Dazu soll folgender Absatz c hinzugefügt werden:
Geplante Neuregelung § 4 Nr. 22 Abs. c UStG |
[Steuerfrei sind] „die in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“. |
Leistungen, die bisher vom Begriff der sportlichen Veranstaltungen erfasst waren, sollten laut dem Gesetzeskommentar weiterhin steuerfrei bleiben. Die engere deutsche Vorschrift geht in der Steuerbefreiungsvorschrift des neuen § 4 Nr. 22 Buchst. c UStG auf. Vor allem aber wird künftig auch die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen nicht nur für Mitglieder unter die neue Steuerbefreiung fallen, wenn sie in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung steht. Statt wie bisher die Gemeinnützigkeit ist für die Steuerbefreiung nur gefordert, dass es sich um „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ handelt. Gemeinnützige Sportvereine fallen darunter aber auf jeden Fall.
Wichtig | Weiterhin nicht befreit sind aber die Eintrittsgelder der Zuschauer.
Anpassung der Befreiung für Bildungseinrichtungen
Geändert werden soll außerdem § 4 Nr. 21 UStG, der die Steuerbefreiung für Bildungsveranstaltungen regelt. Durch die Neufassung werden die Vorgaben und die Begrifflichkeit des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL in das deutsche Umsatzsteuerrecht übernommen. Zudem wird die Vorschrift an die Rechtsprechung des EuGH angepasst. Das betrifft vor allem die Definition von Schul- und Hochschulunterricht als ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum an Stoffen. Nicht dazu gehört spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht.
Fortbildungsleistungen sind nur noch dann befreit, wenn sie von Einrichtungen erbracht werden, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Davon sind regelmäßig alle nach deutschem Recht gemeinnützigen Bildungsträger umfasst. Diese Einschränkung der Vorschrift beruht auf Art. 133 S. 1 Buchst. a MwStSystRL.Neu ist aber die Abschaffung des Bescheinigungsverfahrens. Eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist nach der Neufassung nicht mehr erforderlich. Dies soll zu Bürokratieabbau und mehr Rechtssicherheit führen, weil der „geteilte“ Rechtsweg aus Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit entfällt.
Befreit sind künftig auch die mit den begünstigten Bildungsleistungen eng verbundenen Lieferungen und sonstigen Leistungen. Das betrifft z. B. die Gestellung von Lehrkräften an andere Lehreinrichtungen.
Wichtig | Unklar ist, wie sich die Neuregelung zur Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 22a UStG verhält. Danach sind u. a. die Teilnahmegebühren für Bildungsveranstaltungen gemeinnütziger Einrichtungen steuerbefreit. Das soll nicht geändert werden, obwohl sie künftig teilweise in der Neuregelung der § 4 Nr. 21 UStG aufgeht.
Der Vorsteuerabzug bei Vereinen: Diese Basics sollten Sie kennen
| Fast allen gemeinnützigen Organisationen ist gemein, dass sie sowohl unternehmerische als auch nichtunternehmerische Aktivitäten entfalten. Für Ausgaben, die in dem Kontext anfallen, möchte man gern den Vorsteuerabzug geltend machen. Das setzt aber voraus, dass diese Ausgaben mit steuerpflichtigen Einnahmen des Vereins in Zusammenhang stehen. Weil das oft nur teilweise der Fall ist, ist häufig eben auch nur ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Wir erklären Ihnen, wie man Vorsteuern aufteilt und den Abzug auch in Aufteilungsfällen optimiert. |
Das sind die gesetzlichen Vorgaben für den Vorsteuerabzug
Abzugsfähig sind Vorsteuerbeträge aus Lieferungen und sonstigen Leistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich nur dann, wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen für den unternehmerischen Bereich ausgeführt werden. Weitere Voraussetzung ist, dass erworbene Gegenstände zu mindestens zehn Prozent für das „Vereinsunternehmen“ genutzt und dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, ist ein Vorsteuerabzug möglich, soweit die Eingangsleistungen für steuerpflichtige Umsätze des Vereins verwendet werden. Steuerfreie Umsätze führen (von wenigen Ausnahmen wie Exporten abgesehen) zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs. Das gilt auch, wenn nach der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) keine Umsatzsteuer erhoben wird oder ein Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen (§ 23a UStG) erfolgt.
Die weitere Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass eine Rechnung vorliegt, auf der Vorsteuer ausgewiesen ist und die die Angaben nach § 14 UStG enthält.
Unternehmerische Mindestnutzung
§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG regelt ein grundsätzliches Zuordnungsverbot für Leistungen, wenn sie zu weniger als zehn Prozent für den unternehmerischen Bereich genutzt werden. Diese Regelung bezieht sich aber auf die Zuordnung von Gegenständen insbesondere des Anlagevermögens zum unternehmerischen Bereich. Damit ist kein generelles Abzugsverbot für die Vorsteuer verbunden. Nicht möglich ist aber eine vollständige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich, bei der zunächst ein voller Vorsteuerabzug erfolgt und dann die nichtunternehmerische Nutzung als Wertabgabe wiederum versteuert wird. Wie im Folgenden noch gezeigt wird, betrifft diese Möglichkeit nur besondere Fälle, regelmäßig nicht aber die gemischte Nutzung von Gegenständen im unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich.
Unternehmerische und nichtunter- nehmerische Sphäre
Da ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur möglich ist, wenn die entsprechenden Leistungen für den unternehmerischen Bereich ausgeführt werden, hat die Rechtsprechung Vorgaben für die Abgrenzung gegen den nichtunternehmerischen Bereich entwickelt (sog. Sphärentheorie).
Durch die BFH-Rechtsprechung ist geklärt, dass auch eine gemeinnützige Körperschaft einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich haben kann (BFH, Urteil vom 14.04.2008, Az. XI B 171/07). Abziehbar ist nur die Vorsteuer für Eingangsleistungen, die der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Auf die Herkunft der Mittel, mit denen die Leistungen bezahlt werden, kommt es dabei nicht an.
Nichtwirtschaftliche und unternehmens-fremde Tätigkeiten
Die Finanzverwaltung unterscheidet auf Basis der Rechtsprechung die nichtunternehmerischen Tätigkeiten in nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinn und in unternehmensfremde Tätigkeiten
Unternehmensfremde Tätigkeiten sind Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche Person, für den privaten Bedarf seines Personals oder für private Zwecke der Gesellschafter. Hier hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand
- insgesamt seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen,
- in vollem Umfang in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen oder
- im Umfang der tatsächlichen (ggf. zu schätzenden) unternehmerischen Verwendung seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen.
PRAXISTIPP | Für Vereine und gemeinnützige Körperschaften hat dieses Zuordnungswahlrecht kaum eine Bedeutung, weil hier Privatentnahmen grundsätzlich nicht in Frage kommen. |
Zuordnung der Gegenstände und Aufteilung der Vorsteuern
Rechtsprechung und Finanzverwaltung unterscheiden bezüglich des anteiligen Vorsteuerabzugs zwischen vertretbaren Sachen und sonstigen Leistungen einerseits und einheitlichen Gegenständen andererseits.
- Vertretbare Sachen und sonstige Leistungen: Vertretbare Sachen sind mengenmäßig bestimmt und aufteilbar. Das gilt z. B. für Büromaterial, aber auch für Telefon- oder Internetleistungen. Bei vertretbaren Sachen und sonstigen Leistungen muss der Vorsteuerabzug schon bei Bezug oder Anschaffung entsprechend der beabsichtigten Verwendung aufgeteilt werden (BFH, Urteil vom 14.10.2015, Az. V R 10/14).
- Einheitliche Gegenstände: Bei einheitlichen Gegenständen (z. B. Geräte, Maschinen, Fahrzeuge) gäbe es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, einen nur anteiligen Vorsteuerabzug zu berücksichtigen:
- Der Gegenstand wird bei vollem Vorsteuerabzug dem unternehmerischen Bereich zugeordnet. Die anteilige nichtunternehmerische Nutzung wird dann laufend als unentgeltliche Wertabgabe besteuert.
- Aufgrund der voraussichtlichen Nutzungsverhältnisse wird bereits bei der Anschaffung des Gegenstands ein nur anteiliger Vorsteuerabzug vorgenommen. Spätere Änderungen des Nutzungsverhältnisses werden über eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG berücksichtigt.
Kein Zuordnungswahlrecht bei nicht- wirtschaftlichen Tätigkeiten
Werden Gegenstände im nichtunternehmerischen (ideellen) Bereich des Vereins genutzt, handelt es sich nicht um eine unternehmensfremde, sondern um eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit. Hier ist es grundsätzlich nicht möglich, den Gegenstand insgesamt der unternehmerischen Tätigkeit zuordnen und dann die nichtwirtschaftliche Nutzung über eine unentgeltliche Wertabgabe zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 06.05.2010, Az. V R 29/09).
Ein Verein kann also für einen angeschafften Gegenstand, den er teils im wirtschaftlichen und teils im ideellen Bereich nutzen will, nicht zunächst den vollen Vorsteuerabzug vornehmen und dann die nichtunternehmerische Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe besteuern. Er kann nur bereits bei der Anschaffung des Gegenstands die anteilige Vorsteuer ziehen. Diese richtet sich nach der geplanten Nutzung des Gegenstands. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse nachträglich, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in Frage.
Beispiel |
Ein Sportverein schafft einen Transporter an. Der wird ca. zur Hälfte für die mobile Vereinsgastronomie (umsatzsteuerpflichtig) genutzt. Daneben dient er dem Transport der Ausrüstung zu Wettkämpfen und Training (umsatzsteuerfrei). Bei der Anschaffung des Fahrzeugs kann der Verein entsprechend dem Nutzungsanteil für steuerpflichtige Umsätze die Hälfte der Vorsteuer abziehen. Es ist aber nicht möglich, den Transporter ganz der unternehmerischen Sphäre zuzuordnen. Der Nachteil: Änderungen bei den Nutzungsverhältnissen müssen über eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs abgebildet werden. Nicht möglich ist ein vollständiger Vorsteuerabzug mit nachfolgender (und eventuell jährlich wechselnder) Besteuerung der Wertabgabe an den ideellen Bereich. |
Etwas anderes gilt, wenn ein Gegenstand zunächst nur für die Verwendung im unternehmerischen Bereich angeschafft worden ist und später im nichtunternehmerischen Bereich genutzt wird. Hier bleibt der Vorsteuerabzug erhalten. Die nichtunternehmerische Verwendung wird dann nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe besteuert. Das Gleiche gilt, wenn der Gegenstand später komplett im nichtunternehmerischen Bereich genutzt wird (UStAE, Abschnitt 2.10, Abs. 4).
Zusammenhang von Eingangs- und Ausgangsumsätzen
Abziehbar sind Vorsteuerbeträge, wenn die Leistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers bezogen sind, die Eingangsleistung also mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängt.
PRAXISTIPP | Es genügt dabei, wenn die Absicht besteht, die Leistungen für Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden. Es müssen also noch keine tatsächlichen steuerpflichtigen Umsätze vorliegen. |
Direkter Zusammenhang
Abziehbar sind Vorsteuerbeträge nur, wenn die Leistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers bezogen sind, wenn also die Eingangsleistung direkt und unmittelbar mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängt (BFH, Urteil vom 14.04.2008, Az. XI B 171/07).
Dabei kann der Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen oder zur wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers bestehen. Dabei müssen die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören.
Beispiel |
Die Vorsteuer aus der Rechnung eines Künstlers für einen Auftritt kann der Verein abziehen, wenn er die Veranstaltung aus umsatzsteuerpflichtigen Eintrittsgeldern finanziert. Hier besteht ein direkter Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen (Eintrittsgelder). |
Mittelbarer Zusammenhang
Der Zusammenhang mit den steuerbaren Ausgangsumsätzen kann auch mittelbar bestehen, wenn die Kosten für die entsprechenden Leistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers gehören und als solche Bestandteile des Preises der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Voraussetzung ist dabei natürlich, dass die Gesamttätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Typisch ist das für sog. Gemeinkosten, die meist unabhängig von bestimmen Umsätzen anfallen. Dazu gehören z. B. allgemeine Verwaltungskosten. Auch solche Aufwendungen können grundsätzlich zu den Kostenelementen der Ausgangsumsätze gehören, die einen Vorsteuerabzug erlauben. Es muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen bestehen und der steht bei gemeinnützigen Einrichtungen mit schwerpunktmäßig nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten regelmäßig in Frage.
Nebeneinander von steuerpflichtigen und -freien Tätigkeiten
Entfaltet der Unternehmer (Verein) sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie wirtschaftliche Tätigkeiten sowie nichtwirtschaftliche Tätigkeiten, ist der Vorsteuerabzug auf Aufwendungen für bezogene Leistungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Es erfolgt also eine Abgrenzung nach der Umsatztätigkeit.
Abgrenzung nach der Umsatztätigkeit
Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem steuerfreien Ausgangsumsatz, der mittelbar zugleich die zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische Gesamttätigkeit stärkt, besteht kein Vorsteuerabzug, da der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.
Typisch für Vereine ist dabei, dass die Umsätze nicht bloß nach steuerfreien und steuerpflichtigen abgegrenzt werden müssen, sondern daneben Tätigkeiten erfolgen, bei denen keine Umsätze im umsatzsteuerlichen Sinn erzielt werden, sondern nichtwirtschaftliche Einnahmen vorliegen, wie Spenden, Mitgliedbeiträge oder Zuschüsse.
Das ist dort kein Problem, wo die Kosten direkt bestimmten Leistungen zugeordnet werden können. Vielfach ist das nicht möglich, und es muss ein Aufteilungsschlüssel gefunden werden. Soweit die Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze erfolgt, stellt sich dann die Frage, ob die nichtwirtschaftlichen Einnahmen in die Ermittlung der Quote einbezogen werden dürfen.
Stark eingeschränkter Vorsteuerabzug
Rechtsprechung und Finanzverwaltung verlangen hier einen erkennbaren Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit. Diese Auffassung führt bei Vereinen regelmäßig zu einer starken Einschränkung des Vorsteuerabzugs, weil vorbereitende Tätigkeiten nicht in einem unmittelbaren Bezug zu den Umsätzen gesehen werden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Rechtsprechung hat das wiederholt betätigt.
Beispiel 1 |
Ein Verein, der im Bereich der Wissenschaft und Forschung tätig ist, finanziert sich zum wesentlichen Teil aus institutionellen Zuschüssen, die umsatzsteuerfrei sind (Grundlagenforschung). Daneben erbringt er steuerpflichtige Umsätze im Bereich der Auftragsforschung. Das FG München ließ das Argument nicht gelten, die Grundlagenforschung bringe der Auftragsforschung in mittelbarer Weise Nutzen, weil darin auch Erkenntnisse der nichtwirtschaftlichen Forschungstätigkeit einfließen. Es sah keinen direkten Zusammenhang zwischen den Kosten der Grundlagenforschung und der Auftragsforschung, die einen Vorsteuerabzug zuließ (FG München, Urteil vom 05.11.2008, Az. 3 K 3427/03). Der BFH folgte dieser Auffassung (BFH, Beschluss vom 29.06.2010, Az. V B 160/08).
Dass die nichtwirtschaftliche Tätigkeit (im vorliegenden Fall die Grundlagenforschung) der wirtschaftlichen Tätigkeit mittelbar nützt, erlaubt noch keinen Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit. Das erfordert einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang. |
Das FG hat die Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten deshalb per Schätzung nach folgenden Gesichtspunkten aufgeteilt:
Direkt einzelnen Ausgangsleistungen zurechenbare Vorsteuern zuzüglich des Anteils der Vorsteuern im Verhältnis des Anteils der steuerpflichtigen Umsätze an den Gesamteinnahmen. |
Dieser Auffassung folgt auch die Finanzverwaltung: Bezieht der Unternehmer eine Leistung z. B. für einen steuerfreien Ausgangsumsatz, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, besteht für diese Leistungen kein Vorsteuerabzug. Der verfolgte endgültige Zweck ist unerheblich; ausschlaggebend ist der direkte und unmittelbare Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Leistung (UStAE, Abschnitt 15.2b Abs. 2).
Beispiel 2 |
Ein Breitensportverein will die Vorsteuerbeträge aus der Errichtung eines Kunstrasen-Fußballplatzes geltend machen. Er nutzt den Platz unter anderem für Spiele der 1. Herrenmannschaft, bei denen er umsatzsteuerpflichtige Eintrittsgelder erzielt. Das FG Niedersachsen hat bei der Aufteilung des Vorsteuerabzugs nur die Nutzung des Platzes für diese Spiele mit umsatzsteuerpflichtigen Eintrittsgeldern berücksichtigt. Dass die Herrenmannschaft den Platz auch für das Training nutzt, mit dem sie sich auf diese Spiele vorbereitet, spielte keine Rolle. Entsprechend war nur ein sehr geringer Anteil der Vorsteuer aus der Errichtung abzugsfähig (FG Niedersachsen, Urteil vom 10.01.2023, Az. 11 K 147/22).
Das FG hat dabei folgende Berechnung angestellt:
Wichtig | Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Revision zum BFH zugelassen. Der Verein hat sie eingelegt. Der Musterprozess ist beim BFH unter dem Az. V R 4/23 anhängig. Vereine, die sich in ähnlichen Vorsteuerabzugsauseinandersetzungen mit dem Finanzamt befinden, können sich auf den Musterprozess berufen und das Ruhen ihres Verfahrens beantragen. |
Die Mittelverwendungsrechnung im Verein: Anforderungen und Verfahren im Vergleich
| Der Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung kann für gemeinnützige Körperschaften eine komplexe Aufgabe sein. Gesetzliche Vorgaben gibt es nur mittelbar; auch die Finanzverwaltung bleibt bei diesem Thema denkbar allgemein. Deswegen sind sowohl das grundsätzliche Verfahren einer Mittelverwendungsrechnung, als auch viele Einzelfragen ungeklärt. Wir bringen Licht ins Dunkel. Lernen Sie mit uns unterschiedliche Verfahren der Mittelverwendungsrechnung kennen. |
Zeitnahe versus zweckgebundene Mittelverwendung
Alle Mittel einer gemeinnützigen Körperschaft müssen ausnahmslos zweckgebunden verwendet werden. Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung spezifiziert diese Verwendungspflicht bezogen auf den Zeithorizont der Verwendung: Die Mittel müssen bis zum Ende des auf den Zufluss folgenden übernächsten Jahres verwendet werden.
Ausnahmen von der zeitnahen Mittelverwendung
Die Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung Rücklagen und Vermögenszuführungen heben dieses Gebot keineswegs auf, sondern setzen es nur aus. Dieses Aussetzen erfolgt teils für bestimmte Zeit (etwa bei zweckgebundenen Rücklagen), teils für unbestimmte Zeit (freie Rücklagen und Vermögenszuführungen). Die Mittelbindung bleibt aber bestehen. Das hat u. a. zur Folge, dass z. B. auch freie Rücklagen nicht für die Deckung von Verlusten in Vermögensverwaltung und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben verwendet werden dürfen. Sie können dort aber langfristig investiert werden. Sei es in Vermögensanlagen oder Ausstattungsvermögen des steuerpflichtigen Bereichs unter der Maßgabe, dass die Mittel erhalten bleiben.
Rechnung muss Zweckbindung darstellen
Dieser Zusammenhang von zeitnaher und zweckgebundener Mittelverwendung führt dazu, dass eine konsistente Mittelverwendungsrechnung immer auch die Zweckbindung der entsprechenden Vermögensteile darstellen muss. Sie muss also unterscheiden zwischen Sachvermögen, das zweckgebunden eingesetzt wird (nutzungsgebundenem Anlagevermögen), und anderem Anlagevermögen, das außerhalb der Satzungszwecke verwendet wird. Für letzteres muss die gemeinnützige Einrichtung nicht zeitnah zu verwendende Mittel in gleicher Höhe nachweisen können (AEAO, Ziffer 39 zu § 55).
Diese Aufgaben hat eine Mittel- verwendungsrechnung
Die Mittelverwendungsrechnung dient dem Nachweis, dass der Verein seine Sach- und Finanzmittel zeitnah verwendet. Dabei muss auch der Nachweis der satzungsbezogenen Mittelverwendung des Sachvermögens abgebildet werden. Außerdem muss sie in Zusammenhang mit der Dokumentation und Fortschreibung der steuerlichen Rücklagen stehen.
Wichtig | In der Regel nicht abgebildet werden in einer Mittelverwendungsrechnung abgeflossene, aber zweckfremd verwendete Mittel. Dieser Nachweis geschieht nicht im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung, sondern der Gewinnermittlung per EÜR oder GuV. Aus den einzelnen Aufwandsposten bzw. dem Kontennachweis dazu muss hier erkennbar werden, ob die Mittel tatsächlich im Rahmen der Satzungszwecke verwendet wurden. Gängige Ansätze sind stichtagsbezogene Vermögensübersichten oder zahlungsstrombasierte Verfahren.
Rechtliche Vorgaben für eine Mittelverwendungsrechnung
Gesetzliche Vorgaben für eine Mittelverwendungsrechnung gibt es nur mittelbar im Sinne einer gemeinnützigkeitsrechtlichen Erfordernis, deren Einhaltung im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung bei Bedarf nachzuweisen ist.
Das sind die gesetzlichen Vorgaben
Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung findet sich in § 56 Abs. 1 Nr. 5 AO. Der Gesetzgeber regelt dazu Folgendes:
- Die zeitnahe Mittelverwendung gilt für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von mehr als 45.000 Euro.
- Als Verwendungsfrist gilt grundsätzlich das Ende des auf den Zufluss folgenden übernächsten Jahres. Daraus ergibt sich, dass die zeitnahe Mittelverwendung grundsätzlich liquiditätsbezogen betrachtet werden muss.
- Die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsmäßigen Zwecken dienen (sog. nutzungsgebundenes Anlagevermögen), gilt als zeitnahe Mittelverwendung.
Das sagt die Rechtsprechung
Die Rechtsprechung hat sich mit dem Thema zeitnahe Mittelverwendung nur am Rande befasst. Das spiegelt die Praxiserfahrung wider, dass Verstöße hier praktisch nie zum Entzug der Gemeinnützigkeit und damit möglichen Klagen gegen entsprechende Bescheide des Finanzamts führen.
Der BFH hat zum Thema der zeitnahen Mittelverwendung lediglich klargestellt, dass die Mittelverwendung per saldo betrachtet werden muss. Es ist also kein Nachweis erforderlich, dass jeder einzelne zugeflossene Betrag nach seiner Verwendung dargestellt werden muss. Das gilt nach Auffassung des BFH auch für Spenden, die ja gesetzlich der zusätzlichen Mittelbindung des § 10b EStG unterliegen (BFH, Urteil vom 20.03.2017, Az. X R 13/15). Dem folgt die Finanzverwaltung (AEAO, Ziffer 29 zu § 55).Eine solche saldierende Betrachtung der Mittelverwendung bedeutet, dass die Mittelverwendungsrechnung stichtagsbezogen, also zum Ende des jeweiligen Kalender- oder Wirtschaftsjahrs, erfolgen kann und wird. Ausgangspunkt ist der Mittelvortrag (im Sinne verbleibender Liquidität) am Jahresende.
Das sind die Vorgaben der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung stellt sich eine Mittelverwendung offensichtlich bilanzförmig, d. h. in Form einer Vermögensaufstellung vor. Dabei müssen ihrer Auffassung nach am Ende des Kalender- oder Wirtschaftsjahrs noch vorhandene Mittel in der Bilanz oder Vermögensaufstellung der Körperschaft zulässigerweise dem Vermögen oder einer zulässigen Rücklage zugeordnet werden (AEAO, Ziffer 39 zu § 55). Das bedeutet, dass das nicht nutzungsgebundene Vermögen den freien Rücklagen und Vermögenszuführungen gegenübergestellt werden muss.
Getrennt davon ausgewiesen werden müssen die Mittelzuflüsse der letzten beiden Jahre, für die ja noch keine zeitnahe Verwendung (bzw. ein Rücklagenausweis) erforderlich ist. Der Nachweis der zeitnahen Verwendung soll dabei „zweckmäßigerweise durch eine Nebenrechnung“ erfolgen. Hierfür wird der Begriff „Mittelverwendungsrechnung“ verwendet.
Dabei stellt die Finanzverwaltung mit Verweis auf den BFH klar, dass eine saldierende Betrachtung erfolgen muss: „Der Zweck des Grundsatzes der zeitnahen Mittelverwendung gebietet es, dass bei der Nachprüfung der Mittelverwendung nicht auf die einzelne Zuwendung abzustellen ist, sondern auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Zuwendungen und sonstigen Einnahmen bzw. Vermögenswerte der Körperschaft.“ (Quelle: AEAO, Ziffer 39 zu § 55).
Die Mittelverwendungsrechnung muss liquiditätsbezogen erfolgen. Einnahmen in diesem Sinn sind alle Vermögensmehrungen, die der Körperschaft zufließen (AEAO, Ziffer 30 zu § 55). Es werden also nicht nur Geldmittel betrachtet, sondern alle Vermögenszugänge (z. B. Sachspenden oder Erbschaften in Sachform). Dabei soll das Zuflussprinzip nach § 11 EStG gelten. Ausgenommen sind nur solche Mittel, für die die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung (z. B. wegen eines Sphärenwechsels) wieder auflebt, ohne dass der Körperschaft insoweit Mittel zufließen (AEAO, Ziffer 30 zu § 55).
Abgleich von Rücklagen und tatsächlichen Mittelbeständen
Die Finanzverwaltung hat klargestellt, dass nur tatsächlich vorhandene Mittel in eine Rücklage eingestellt werden können. Rechnerisch sind nämlich höhere Rücklagen möglich. Das liegt insbesondere daran, dass im ideellen Bereich die Einnahmen (und nicht die tatsächlichen Mittelüberhänge) Bemessungsgrundlage für die Berechnung der freien Rücklage sind.
Für die Mittelverwendungsrechnung bedeutet das, dass ein Abgleich von ausgewiesenen Rücklagen und tatsächlich vorhandenen nicht zeitnah verwendeten Mitteln erfolgen muss.
Detailfragen und -posten bei der Verwendungsrechnung
Bevor auf einzelne Verfahren der Mittelverwendungsrechnung eingegangen werden kann, müssen eine Reihe von Einzelfragen vor allem bezogen auf die verschiedenen Vermögenbestandteile geklärt werden.
Die 45.000-Euro-Grenze
Bei Gesamteinnahmen bis 45.000 Euro im Jahr entfällt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung und damit auch der Nachweis von gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen. Die Grenze gilt für das jeweilige Jahr. Die Mittelverwendungspflicht lebt also nicht wieder auf, wenn die Grenze später überschritten wird (AEAO, Ziffer 31 zu § 55). Ist das der Fall, ergibt sich dennoch eine grundsätzliche Nachweispflicht: Die Organisation muss darstellen können, dass vorhandene nicht zeitnah verwendete Mittel aus Jahren mit Gesamteinnahmen unter 45.000 Euro stammen. Solche nicht zeitnah zu verwendenden Mittelüberhänge sollten also buchhalterisch ausgewiesen werden (AEAO, Ziffer 14 zu § 62).
Liquide Geldmittel
Liquide Geldmittel also Kassen- und Kontobestände werden grundsätzlich zeitnah verwendet, soweit sich die Salden regelmäßig ändern. Nicht verwendete Beträge lassen sich leicht daran erkennen, dass ein bestimmter Saldo nicht mehr unterschritten wird. Es muss also lediglich der jeweils niedrigste Saldo ermittelt werden. Wird dieser bis zum Ende des übernächsten Jahres nicht mehr unterschritten, liegt für diesen Betrag ein Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung vor, wenn dem nicht entsprechende als nicht zeitnah zu verwenden ausgewiesene Mittel gegenüberstehen.
Kurzfristige Geldanlagen
Für kurzfristige Geldanlagen gilt grundsätzlich das Gleiche wie für liquide Geldmittel. Erst wenn sie länger als zwei Jahre genauer länger als bis zum Ende des übernächsten Jahres nach Zufluss gebunden werden, stellt sich die Frage nach der zeitnahen Verwendung und des Ausweises als Rücklage.
Häufig werden gemeinnützige Einrichtungen dabei Mittel, die als zweckgebundene Rücklagen ausgewiesen sind, kurz- oder mittelfristig anlegen etwa in Form von Festgeld. Dagegen gibt es aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht keine Einwände.
Sachanlagevermögen
Sachanlagevermögen muss nach seiner Verwendung unterschieden werden. Bei Verwendung für satzungsbezogene Zwecke (also im ideellen Bereich und Zweckbetrieb) liegt sog. nutzungsgebundenes Anlagevermögen vor. Das wird bereits zeitnah verwendet und muss in der Mittelverwendungsrechnung entsprechend ausgewiesen werden. Anlagevermögen, das in steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und der Vermögensverwaltung eingesetzt wird, wird grundsätzlich zweckfremd verwendet. Zulässig ist das nur, soweit es nicht der zeitnahen Verwendung unterliegt. Dazu muss es aus entsprechenden freien Rücklagen und Vermögenszuführungen finanziert sein. Diesen Anlagevermögenswerten müssen also entsprechend ausgewiesene Rücklagen gegenüberstehen.
Nicht geklärt ist, wie die Abschreibungen auf dieses Anlagevermögen in der Mittelverwendungsrechnung behandelt werden müssen. Müssten der Wert des Anlagevermögens und die bei Anschaffung oder Herstellung dafür verwendeten freien Rücklagen und Vermögenszuführungen deckungsgleich sein, wären die Rücklagen entsprechend anteilig aufzulösen.
Tatsächlich werden über die Abschreibungen aber Mittel aus der Vermögensverwaltung bzw. dem steuerpflichtigem Bereich in den satzungsbezogenen Bereich überführt. Nämlich immer dann, wenn unter Nutzung des entsprechenden Anlagevermögens und buchhalterischer Berücksichtigung der Abschreibungen mindestens kostendeckende Erlöse entstehen. Da die Abschreibungen Aufwand, aber keinen Mittelabfluss, darstellen, werden Mittel frei, die wie alle Zuflüsse zweckgebunden verwendet werden müssen.
PRAXISTIPP | Auch wenn es dazu keine finanzbehördlichen Vorgaben gibt, lässt sich gut argumentieren, dass es hier faktisch zu einer Vermögensumschichtung kommt, die zumindest in der Vermögensverwaltung zu keinem Aufleben der zeitnahen Verwendungspflicht führt (AEAO, Ziffer 31 zu § 55). Praktisch würde das bedeuten, die Rücklagen nicht zu kürzen und damit die durch die Abschreibungen frei werdenden Mittel wieder dem Vermögen zuzuführen. |
Finanzanlagen und Beteiligungen
Finanzanlagen (z. B. Wertpapiere) und Beteiligungen (etwa an Kapitalgesellschaften) werden der Vermögensverwaltung zugeordnet. Sie müssen aus nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert sein, soweit die Mittel länger über die Zweijahresfrist investiert sind.
Da die Mittelverwendungsrechnung liquiditätsbezogen erfolgt, werden Finanzanlagen zu Anschaffungskosten erfasst. Eine Korrektur der dafür gebildeten Rücklagen muss unabhängig von bilanziellen Wertberichtigungen erst beim Verkauf erfolgen. Dabei würde ein Verlust (Verkauf unter Anschaffungskosten) zur Verringerung der entsprechenden Rücklage führen.
Vermögensumschichtungen
Gewinne aus Vermögensumschichtungen unterliegen nicht der zeitnahen Verwendung. Buchhalterisch müssen sie als Erhöhung der freien Rücklagen erfasst werden, damit Rücklagenausweis und tatsächlich vorhandene nicht zeitnah zu verwendende Mittel übereinstimmen.
Beispiel |
Ein Verein hat aus freien Rücklagen für 50.000 Euro ein Grundstück gekauft und verpachtet. Er verkauft das Grundstück für 70.000 Euro. Der gesamte Betrag unterliegt nicht der zeitnahen Verwendung. Die ausgewiesene freie Rücklage muss entsprechend um 20.000 Euro erhöht werden. |
Gemischte Nutzung von Anlagevermögen
Wird Anlagevermögen gemischt genutzt, ist das für die Mittelverwendungsrechnung zunächst ohne Belang. Die Nutzung von „Überkapazitäten“ für nicht satzungsbezogene Zwecke stellt auch keine Mittelfehlverwendung dar.
Anders sieht es aus, wenn Anlagen oder Gebäude bereits bei Kauf oder Herstellung teilweise für die zweckfremde Nutzung mit entsprechenden Zusatzkapazitäten versehen wurden. Diese zusätzlichen Kosten dafür müssen dann aus nicht zeitnah zu verwendenden Mittel finanziert und entsprechenden Rücklagen ausgewiesen werden.
Umwidmung von Anlagevermögen
Wird Vermögen aus der zweckgebundenen Verwendung genommen und in die Vermögensverwaltung oder einen steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb überführt, muss ein Ausgleich durch die Auflösung freier Rücklagen oder Vermögenszuführungen erfolgen (AEAO, Ziffer 32 zu § 55). Dabei wird der Zeitwert der Vermögensgegenstände zugrunde gelegt.
Das zeigt zweierlei: Die Finanzverwaltung betrachtet die nicht zeitnah zu verwendenden Mittel per saldo. In welcher Form diese Mittel vorliegen, spielt also keine Rolle. Zum anderen berücksichtigt sie die Wertminderung des Sachanlagevermögens im Lauf der Nutzungszeit. Bezugsgröße ist aber nicht der Buchwert, sondern der Zeitwert. So können stille Reserven durch eine solche Umschichtung nicht der zeitnahen Verwendung entzogen werden.
Diese Auffassung bestätigt aber die o. g. Behandlung der in Sachanlagen investierten nicht zeitnah zu verwendenden Mittel: Die Wertminderung dieses Anlagevermögens erfordert keine entsprechende Auflösung von Rücklagen.
Buchhalterische Voraussetzungen
Eine konsistente Mittelverwendungsrechnung setzt eine entsprechende buchhalterische Erfassung der Vermögensbestände voraus. Mit üblichen Buchhaltungsverfahren ist die grundsätzlich gegeben. Zusätzliche Aufzeichnungen sind aber für das Anlagevermögen erforderlich. Hier müssen nutzungsgebundenes und sonstiges Anlagevermögen getrennt erfasst werden. Das geschieht im einfachsten Fall über die Kostenstellenfunktion der Buchhaltungssoftware. Möglich wäre aber auch eine Aufzeichnung mit getrennten Konten. Weil die Abschreibungen nach steuerlichen Bereichen aufgeteilt werden müssen, ist eine solche getrennte Aufzeichnung ohnehin geboten.
Wichtig | Die Regelung in § 56 Abs. 1 Nr. 5 AO bezieht sich dem Wortlaut nach auf zugeflossene Mittel. Deswegen sind z. B. Forderungen nicht zu berücksichtigen. Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG bildet deswegen die Mittelverwendung besser ab als eine Gewinn- und Verlustrechnung als Teil einer Bilanzbuchhaltung. Das gilt auch für Rückstellungen und Wertkorrekturen des Umlaufvermögens im Rahmen einer Inventur.
Die E-Rechnung im Verein: Das müssen Sie jetzt für den Stichtag 01.01.2025 veranlassen
| Mit dem Wachstumschancengesetz ist über die Neuregelung von § 14 Abs. 1 UStG die obligatorische Verwendung einer elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern eingeführt worden. Die elektronische Rechnung (E-Rechnung) wird ab dem 01.01.2025 Pflicht. Das gilt auch für Vereine und gemeinnützige Einrichtungen, soweit sie Unternehmer im Sinne des UStG sind. Wir haben den Entwurf des Einführungsschreibens zur E-Rechnung aus dem BMF analysiert und die entsprechenden Knackpunkte für gemeinnützige Vereine herausgearbeitet. |
Das sind Funktion und Bedeutung der E-Rechnung
E-Rechnungen können elektronisch eingelesen zugeordnet, geprüft, verbucht und zur Zahlung angewiesen werden. Sie dienen also insbesondere der Digitalisierung des Geschäftsverkehrs und sollen zu Verwaltungseinsparungen bei Unternehmern führen. Zum anderen sollen sie zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs beitragen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dazu eine elektronische Meldung von bestimmten Rechnungsangaben an die Verwaltung dazu kommen (BMF, Entwurf Anwendungsschreiben E-Rechnung vom 13.06.2024, Az. III C 2 S 7287-a/23/10001 :007).
Das unterscheidet E-Rechnung und elektronische Rechnung
Neben der Papierrechnung gibt es schon bisher die Möglichkeit, Rechnungen in digitalen Formaten (z. B. PDF) auszustellen, wenn der Em- pfänger zustimmte. Der wesentliche Unterschied zwischen einer eingescannten Papier- oder PDF-Rechnung und einer E-Rechnung liegt darin, dass eine E-Rechnung nach EU-Norm eine in einem strukturierten Format ausgestellte Rechnung ist, die elektronisch übermittelt und empfangen wird und die eine automatische und elektronische Verarbeitung ohne Medienbrüche (also z. B. Formatänderungen oder Ausdrucken) ermöglicht. Rechnungsdaten, die in diesem strukturierten elektronischen Format übermittelt werden, sind als solche grundsätzlich nicht menschenlesbar, sondern erst nach einer Konvertierung (Visualisierung). Lesbar bedeutet ab 2025, dass die Datei maschinenlesbar sein muss. Bei einem hybriden Format (z. B. mit PDF) bilden die im XML-Format vorliegenden Rechnungsdaten den führenden Teil.
Umsatzsteuerrechtlich gelten für elektronische Rechnungen die gleichen Pflichtangaben wie für Papierrechnungen. Dazu gehören die vollständigen Namen und Anschriften des Lieferanten und des Leistungsempfängers, die fortlaufende Rechnungsnummer und weitere. Das Jahressteuergesetz 2024 sieht künftig als weitere Pflichtangabe vor, dass der Unternehmer nach vereinnahmten Entgelten versteuert (Ist-Versteuerung).
Die Übermittlung der E-Rechnung
Die Übermittlung einer E-Rechnung muss in elektronischer Form erfolgen. Dafür kommt der Versand per E-Mail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-)Portal in Frage. Eine digitale Signatur ist nicht notwendig. Ein separates E-Mail-Postfach ist ebenfalls nicht erforderlich, kann aber für die korrekte Eingangsbearbeitung und Prüfung der Rechnungen sinnvoll sein.
Die Übergabe der Datei auf einem externen Speichermedium (z. B. USB-Stick) erfüllt nicht die Voraussetzungen der Übermittlung in elektronischer Form. Es handelt sich dabei allenfalls um eine sonstige Rechnung.
Wann ist eine E-Rechnung Pflicht?
Eine Rechnung muss mit Ausnahme der Übergangsregelungen ab 2025 zwingend als E-Rechnung ausgestellt werden, wenn
- eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder eine andere juristische Person berechnet wird, und
- sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland ansässig sind.
Das gleiche gilt für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an andere Empfänger.
PRAXISTIPP | Bei Vereinen steht die Unternehmereigenschaft grundsätzlich nicht in Frage. Da sie selbstständig sind, genügt für die Unternehmereigenschaft, dass sie Einnahmen erzielen. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen liegt vor, wenn diese im Rahmen eines Leistungsaustauschs ausgeübt wird. |
Wichtig | Ausnahmen von der E-Rechnungspflicht gelten, wenn
- der Umsatz nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist,
- die Rechnung einen Kleinbetrag bis 250 Euro enthält (§ 33 UStDV),
- Rechnungsempfänger oder Ersteller nicht im Inland ansässig sind. Hier können die Rechnungen nach den bisherigen Verfahren (digital oder auf Papier) erstellt werden.
Die Regelungen gelten genauso für die Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift.
Annahme der E-Rechnung wird verpflichtend
Während bisher digitale Rechnungen nur mit Zustimmung des Empfängers ausgestellt werden konnten, ist das bei einer E-Rechnung nicht mehr erforderlich. Jeder Rechnungsempfänger muss also die technischen Voraussetzungen für die Entgegennahme einer E-Rechnung schaffen. Das bedeutet insbesondere, dass er über eine Software verfügen muss, mit der er die Rechnungen lesen und damit prüfen kann, auch wenn er sie nicht digital weiterverarbeitet.
PRAXISTIPP | Es gibt E-Rechnungsformate (z. B. ZUGFeRD), bei denen die entsprechenden nur maschinenlesbaren XML-Daten in eine PDF-Datei eingebunden sind, die mit üblichen PDF-Readern gelesen werden. Soweit keine automatisierte Weiterverarbeitung erfolgt, können diese Dateien dann wie bisherige digitale Rechnungen genutzt werden. |
Ab dem 01.01.2025 müssen also alle Organisationen E-Rechnung empfangen können. Dafür genügt es, wenn sie dem Rechnungssteller ein E-Mail-Postfach angeben. Die Beteiligten können aber auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren (z. B. einen Web-Download).
Wichtig | Der Rechnungssteller muss keine Rücksicht auf die technische und organisatorische Ausstattung des Rechnungsempfängers nehmen. Verweigert der Rechnungsempfänger die Annahme einer E-Rechnung oder ist er technisch dazu nicht in der Lage, hat er kein Anrecht auf eine alternative Ausstellung einer sonstigen Rechnung (digital oder auf Papier). In diesem Fall gelten die umsatzsteuerrechtlichen Pflichten des Rechnungsausstellers auch als erfüllt, wenn er eine E-Rechnung ausgestellt und sich nachweislich um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat.
Die Rechnung muss zwar in einem elektronischen strukturierten Format erstellt, übermittelt und von beiden Vertragspartnern auch elektronisch archiviert werden. Es ist aber derzeit nicht erforderlich, dass die E-Rechnung beim Rechnungsempfänger auch (medienbruchfrei) elek- tronisch verarbeitet wird. Sie muss aber weiter elektronisch verarbeitbar und von der Finanzverwaltung auswertbar sein.
PRAXISTIPP | Bei Rechnungen an Endverbraucher (B2C) bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungsstellung. |
Kleinunternehmer sind nicht befreit
Auch Kleinunternehmer nach § 19 UStG sind nicht von der E-Rechnungspflicht befreit. Sie gilt auch, wenn der Unternehmer ausschließlich steuerfreie Umsätze (z. B. Vermieter einer Wohnung) ausführt. Gerade für Vereine, die in geringem Umfang Rechnungen an Unternehmer (z. B. Sponsoren) ausstellen, bedeutet das einen Mehraufwand. Sie sind nämlich verpflichtet, hier E-Rechnungen zu stellen, können aber den Vorteil einer elektronischen Fakturierung meist nicht nutzen.
Wird ein Umsatz sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich einer juristischen Person ausgeführt, geht die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung vor. Das betrifft insbesondere auch Vereine und gemeinnützige Vereine mit einem wirtschaftlichen und ideellen Bereich.
Wichtig | Zeitgleich mit der Einführung der E-Rechnung soll die Kleinunternehmergrenze von 22.000 auf 25.000 Euro erhöht werden.
Das gilt für Kleinbetragsrechnungen
Rechnungen mit einem Gesamtbetrag bis 250 Euro brutto (Kleinbetragsrechnungen) können immer als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden. Hier kommt es aber ausschließlich auf den Gesamtbetrag der Rechnung an. Wenn also Teilleistungen steuerbefreit sind, muss bei einem Gesamtbetrag über 250 Euro eine E-Rechnung ausgestellt werden.
Befreiung von E-Rechnungspflichten
Von der E-Rechnungspflicht befreit sind Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind. Das betrifft praktisch alle Steuerbefreiungen, die für Vereine und gemeinnützige Organisation von Bedeutung sind, weil die anderen Steuerbefreiungen des § 4 UStG hier keine Rolle spielen.
PRAXISTIPP | Die Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 8 bis 29 UStG betreffen aber vielfach ohnehin Leistungen (wie z. B. in den Bereichen der Kultur, Sport, Kindererziehung, Bildung), die überwiegend an Nichtunternehmer erbracht werden. Und für diese besteht ja keine E-Rechnungspflicht. |
E-Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug
Soweit eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht, erfüllt nur diese die Anforderungen der §§ 14 und 14a UStG. Eine sonstige Rechnung erlaubt in diesem Fall keinen Vorsteuerabzug.
Wichtig | Vereine müssen also soweit sie vorsteuerabzugsfähig sind prüfen, ob für die bezogenen Lieferungen und Leistungen eine E-Rechnung erforderlich ist. Hier wird es vermutlich gerade bei Einzelunternehmern wie z. B. Künstlern, Trainern oder Dozenten zu Übergangsproblemen kommen.
Barverkaufsrechnungen
Bisher nicht geklärt hat die Finanzverwaltung, wie Barverkaufsrechnungen behandelt werden, die keine Kleinbetragsrechnungen sind. Hier wird eine bloße Papierquittung nicht mehr ausreichend sein. Bargeschäfte werden dadurch künftig verkompliziert, weil die Rechnung ja elektronisch übermittelt werden muss.
Verträge als Rechnung
Auch Verträge gelten als Rechnung, wenn sie die erforderlichen Angaben enthalten. Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung bei einem Dauerschuldverhältnis (z. B. Mietverhältnis) besteht, ist es ausreichend, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, der dem zugrunde liegenden Vertrag als Anhang beigefügt wird, oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt.
Wichtig | Für bestehende Dauerschuldverhältnisse muss spätestens bis zum Auslaufen der Übergangsregelung eine neue initiale E-Rechnung gestellt werden. Dies gilt auch für Verträge, die vor dem 01.01.2025 abgeschlossen wurden.
Aufbewahrung von E-Rechnungen
Für E-Rechnungen gelten die gleichen Aufbewahrungsvorschriften wie für bisherige digitale Rechnungen. Sie müssen im gleichen Format archiviert werden, in dem sie übermittelt wurden. Der Dateiname darf dabei aber geändert werden, wenn das für eine bessere innerbetriebliche Ablage und Archivierung erforderlich ist. Die Rechnungen müssen vor allem so aufbewahrt werden, dass nachträglich keine Änderungen vorgenommen werden können bzw. Änderungen jederzeit nachvollziehbar sind. Hierfür gelten die entsprechenden Verwaltungsvorschriften (GoBD).
Eine maschinelle Auswertbarkeit durch die Finanzverwaltung muss sichergestellt sein. Das ist aber grundsätzlich der Fall, wenn die Dateien jederzeit zugänglich und im Originalformat gespeichert werden. Sind in einem zusätzlichen übersandten Dokument Aufzeichnungen enthalten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, z. B. Buchungsvermerke, müssen diese ebenfalls in der ursprünglichen Form und unverändert aufbewahrt werden.
Erstellen von E-Rechnungen
Vereine die E-Rechnungen in größerer Zahl erstellen, werden nicht umhinkommen, sich eine entsprechende Software anzuschaffen. Erstellt ein Verein nur wenige elektronische Rechnungen, kann er auf entsprechende (kostenfreie) Online-Tools zurückgreifen.
Für wen und wofür Übergangs- regelungen gelten
Für den Empfang von E-Rechnungen gilt keine Übergangsregelung. Rechnungsempfänger müssen ihn also ab dem 01.01.2025 gewährleisten.
Bis Ende 2026 kann eine Rechnung für einen bis dahin ausgeführten Umsatz auch als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden. Für sonstige digitale Rechnungen gelten die bisherigen Vorgaben. Eine zusätzliche Übergangsregelung gibt es für kleine Unternehmen bis 800.000 Euro Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr. Sie können Rechnungen bis Ende 2027 ebenfalls noch als sonstige Rechnung ausstellen. Die Grenze von 800.000 Euro gilt unabhängig davon, ob der Rechnungsaussteller seine Umsätze nach der Soll- oder Ist-Versteuerung ermittelt. Bei Gutschriften gilt der Gesamtumsatz des Gutschriftausstellers als Grenze.
PRAXISTIPP | Das wird die meisten Vereine betreffen. Sie haben also noch ausreichend Zeit, die erforderlichen Umstellungen vorzunehmen. Das betrifft auch die Rechnungen, die an den Verein gestellt werden. |
Wird die Nichtumsetzung vom Fiskus sanktioniert?
Keine Hinweise enthält der Entwurf des BMF-Schreibens zu eventuellen Sanktionen für den Rechnungsaussteller, wenn er seiner Verpflichtung zur Abrechnung mit E-Rechnung nicht nachkommt. Weil bei einem Verstoß gegen die E-Rechnungspflicht der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wird das aber meist zwischen den Vertragspartnern geklärt werden, d. h. der Rechnungsempfänger wird mangels korrekter Rechnung die Zahlung verweigern.
Wann betrifft die E-Rechnungspflicht gemeinnützige Vereine?
Wie gezeigt betrifft die E-Rechnungspflicht auch Vereine und gemeinnützige Einrichtungen. Ausnahmen gelten für folgende Fälle:
- Einnahmen im ideellen Bereich: So ist z. B. für Beitragsrechnungen keine E-Rechnung erforderlich.
- Kleinbetragsrechnungen: Das wird die meisten Umsätze mit Nichtunternehmern („Endkunden“) betreffen (z. B. Nutzungs- oder Teilnahmegebühren, Eintrittsgelder oder der Verkauf von Speisen und Getränken).
- Nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerbefreite Leistungen: Hier wird es sich aber vielfach ohnehin um Kleinbetragsrechnungen handeln.
Besonders beachten müssen Vereine die E-Rechnungspflicht, die sich bisher als Kleinunternehmer nicht mit der Umsatzsteuer beschäftigen mussten. Dieser Fall ist bei Vereinen und gemeinnützigen Einrichtungen typisch, weil die Haupteinnahmen oft nichtunternehmerisch (Spenden, Mitgliedsbeiträge, Zuschüsse) oder steuerbefreit (z. B. Teilnahmegebühren für Bildungs- und Sportveranstaltungen) sind. Daneben haben sie nicht selten Einnahmen, die unter die Kleinunternehmergrenze (aktuell 22.000 Euro pro Jahr) fallen.
In den meisten Fällen greift hier sicher die Ausnahme für Kleinbetragsrechnungen (z. B. für Eintrittsgelder und den Verkauf von Speisen und Getränken). Rechnungen über höhere Beträge (über 250 Euro) müssen aber künftig als E-Rechnungen ausgestellt werden.
Beispiele für die E-Rechnungspflicht |
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Vereine sollten sich hier rechtzeitig mit der entsprechenden Software für die Erstellung von E-Rechnungen vertraut machen.
FAZIT | Die E-Rechnung wird auch für Vereine und gemeinnützige Einrichtungen ein Thema mindestens bei Empfang und Archivierung von Rechnungen. Weil im Einzelfall auch kleine Vereine E-Rechnungen ausstellen müssen, sollten sie sich beizeiten mit dem Verfahren und der erforderlichen Software befassen. |
Vereine fragen, Experten antworten
Nichteingetragener Verein: Muss er für Eintragung ins Vereins-register neu gegründet werden?
| Unser Verein besteht seit vielen Jahren als nichteingetragener Verein. Nun hat sich aus verschiedenen Gründen der Wunsch ergeben, den Verein eintragen zu lassen. Können wir das nachträglich machen. Oder muss der Verein dazu (pro forma) neu gegründet werden? |
Antwort: Eine Neugründung ist nicht erforderlich, allerdings müssen alle erforderlichen Voraussetzungen für eine Eintragung „nachgebessert“ werden.
Anforderungen an die Satzung
Die Satzungen von rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinen unterscheiden sich nur in einem Punkt: Für die Eintragung ist nach § 57 BGB eine Satzungsklausel erforderlich, dass der Verein eingetragen werden soll. Wird die Satzung entsprechend geändert, muss sie von sieben Mitgliedern unterschrieben werden. Außerdem muss der Tag der Vereinsgründung auf der Satzung vermerkt sein (§ 59 Abs. 3 BGB).
Anforderungen an die Eintragung
Für die Eintragung des Vereins gelten die Anforderungen der §§ 56 bis 59 BGB. Unklar ist dabei, ob auch ein Gründungsprotokoll erforderlich ist. Nach § 59 BGB muss dem Vereinsregister nur eine (beglaubigte) Abschrift der Satzung und eine Urkunde über die Bestellung des Vorstands vorgelegt werden. Das wäre bei einem schon länger bestehenden Verein das Protokoll der letzten Wahl, ggf. ist es nachträglich zu erstellen. Ob das Protokoll auch den Beschluss über die Gründung des Vereins und die Feststellung der Satzung enthalten muss, ist unklar. Sicherheitshalber kann das im Rahmen der Satzungsänderung nachgeholt werden. D. h. die Mitgliederversammlung bestätigt die Gründung des Vereins und bekräftigt die Feststellung der Satzung.
PRAXISTIPP | Vielfach werden auch auf Seiten des Registergerichts Unsicherheiten über die formalen Anforderungen bestehen. Am besten rufen Sie deswegen vorher dort an. |
Neugründung oder Umwandlung?
Wegen dieser formalen Anforderungen kann es einfacher erscheinen, den Verein neu zu gründen. Dann muss aber bedacht werden, dass alle Mitglieder neu beitreten müssen. Von Vorteil ist bei einer Neugründung, dass das Vermögen auf den neuen Verein übertragen und es dabei nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 dem Vermögen zugeführt werden kann. Das Problem „Zeitnahe Mittelverwendung übertragenen Vermögens“ wäre hier gebannt.
Fördermitglieder: Berechtigen ihre Beiträge zum Spendenabzug?
| Unser Freizeitmusikverein hat Fördermitglieder, die lt. Satzung einen Beitrag nach eigenem Ermessen zahlen. Dürfen wir dafür Spendenbescheinigungen ausstellen? |
Antwort: Zwar gibt es keine Klarstellung aus Finanzverwaltung und Rechtsprechung dazu, es spricht aber einiges gegen den Spendenabzug.
Kein Spendenabzug freizeitbezogener Zwecke
Mitgliedsbeiträge für Vereine mit kulturellen Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, sind nach § 10b Abs. 1 S. 8 EStG nicht abzugsfähig. Wie bei anderen freizeitorientierten Satzungszwecken (neben Sport sind das insbesondere die Zwecke in § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO) soll damit verhindert werden, dass ein privates „Freizeitvergnügen“ steuerlich privilegiert wird. Spenden an Vereine mit solchen Zwecken sind dagegen abzugsfähig.
Ungeklärt ist, ob Förderbeiträge von nicht aktiven Mitgliedern unter das Abzugsverbot fallen. Gegen das Verbot spricht, dass diese Mitglieder dem Hobby nicht selbst nachgehen. Für einen Spendenabzug spricht ferner, dass bei Fördervereinen der Spendenabzug auch besteht, wenn sie andere Vereine unterstützen, bei denen die Mitgliedsbeiträge nicht abzugsfähig sind.
Was gegen Abzug der Förderbeiträge spricht
Es spricht aber auch einiges gegen den Steuerabzug der Förderbeiträge: Es lässt sich nicht überprüfen, ob es sich bei den Mitgliedern um Aktive oder Fördermitglieder handelt (= Missbrauchsgefahr). Die Rechtsprechung hat zudem klargestellt, dass bei Vereinen mit abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Zwecken für alle Beiträge der Spendenabzug ausgeschlossen ist. Das lässt sich auf Förderbeiträge für Vereine mit nicht abzugsfähigen Zwecken übertragen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Finanzamt aus diesen Gründen den Spendenabzug der Förderbeiträge verweigern.
Wichtig | Der Verein riskiert die Spendenhaftung, wenn er Spendenbescheinigungen dafür ausstellt. Deshalb sollte man mit dem Thema nicht sorglos umgehen.
Gestaltungsempfehlung für die Praxis
Anders als die Mitgliedsbeiträge eines Freizeitkulturvereins sind die Beiträge des Fördervereins eines solchen Kulturvereins abzugsfähig. Einen eigenen Förderverein zu gründen, ist aber aufwändig; einfacher ist es, die Förderer nicht mitgliedschaftlich einzubinden, sondern über einen bloßen nicht vereinsrechtlich organisierten „Förderkreis“. Dann sind die Beiträge Spenden.
Unwirksamer Ausschluss eines Mitglieds: Muss der Verein die Kosten erstatten?
| Wir haben ein Vereinsmitglied ausgeschlossen. Den Ausschluss haben wir über unseren Anwalt ausgesprochen. Das Mitglied hat sich dann auch einen Anwalt genommen. Dieser hat uns darauf hingewiesen, dass der Ausschluss unwirksam sei, da wir das Mitglied vor dem Ausschluss nicht angehört hätten. Eine solche Anhörung ist jedoch nach unserer Satzung nicht vorgesehen. Wir haben uns nun entschlossen, den Ausschluss zurückzunehmen, um Frieden in den Verein reinzubringen. Nun verlangt der Anwalt des Mitglieds eine Erstattung der Kosten in Höhe von über 500 Euro. Sind wir verpflichtet, die zu zahlen? |
Antwort: Ja, dieser Anspruch besteht, wenn sich wie hier herausstellt, dass der Ausschluss unwirksam ist und ein Anwalt erforderlich war.
Ausschluss ohne rechtliches Gehör ist nichtig
Der Ausschluss aus dem Verein stellt den stärksten Eingriff in die mitgliedschaftlichen Rechte dar. Deswegen verlangt die Rechtsprechung, dass die elementaren rechtsstaatlichen Grundsätze beachtet werden. Dazu gehört vor allem die Gewährung des rechtlichen Gehörs. Da hier das Mitglied nicht angehört wurde, ist der Ausschluss nichtig. Dieser Anspruch auf rechtliches Gehör besteht unabhängig davon, ob die Vereinssatzung dies vorsieht (LG Gießen, Urteil vom 22.02.1995, Az. 1 S 403/94).
War ein Anwalt erforderlich?
Ob ein Kostenerstattungsanspruch besteht, hängt davon ab, ob das Mitglied „gezwungen“ war, sich einen Anwalt zu nehmen. Bei einfach gelagerten Fällen dürfte die Hinzuziehung eines Anwalts nicht erforderlich sein. Hier verlangt die Rechtsprechung, dass das Mitglied sich selbst „verteidigen“ kann.
Befindet sich der Verein aber in Konflikt mit dem Mitglied, dann ist es dem Mitglied aus Gründen der „Waffengleichheit“ gestattet, zu seiner Beratung oder Vertretung einen Rechtsanwalt hinzuziehen (BGH, Urteil vom 06.02.1984, Az. II ZR 119/83). Das Gleiche dürfte gelten, wenn es um kompliziertere rechtliche Fragen geht. Jedes Vereinsmitglied hat, so der BGH in der o. g. Entscheidung, Anspruch darauf, dass der Vorstand seine Mitgliedschaftsrechte nicht verletzt. Geschieht das, so begründet das Schadenersatzpflichten, für die der Verein nach § 31 BGB haftet. Daher ist der Verein verpflichtet, die Anwaltskosten zu erstatten. Die Kosten berechnen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und sind streitwertabhängig.
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